Deutschland will Spitzel-Software von Palantir flächendeckend einsetzen

Die Polizei soll bundesweit mit den US-Spionageprogrammen ausgestattet werden. Hinter der Firma steckt mit Peter Thiel ein erklärter Gegner der Demokratie und Trump Fan. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen ist die Polizei bereits aktiv mit neuer Technologie.
Nun besteht die Möglichkeit, dass Software des US-Unternehmens Palantir in allen deutschen Bundesländern Anwendung findet. Der Tech-Milliardär Peter Thiel, ein Unterstützer von Donald Trump, steht hinter diesem Überwachungsprogramm.
Ein typischer deutscher Kriminalfilm beginnt oft mit dem Fund einer Leiche. Polizeiwagen sind im Einsatz, während Ermittler ratlos um den toten Körper stehen, bevor sie anfangen, Verdächtige zu befragen. Dank der Klugheit der Kommissare werden nach 90 Minuten und zahlreichen Wendungen schließlich alle Fäden zusammengeführt und der Täter gefasst.
Soweit so gut…
In der wirklichen Welt könnten zukünftige Ermittlungen jedoch einen ganz anderen Verlauf nehmen, unterstützt durch moderne KI-Technologien. Diese Systeme haben die Fähigkeit, Verbindungen zu potenziellen Tätern herzustellen, die menschlichen Ermittlern möglicherweise entgehen würden. Bei einer Mordserie könnte beispielsweise Software Überwachungsbilder analysieren und feststellen, dass ein bestimmtes Auto regelmäßig in der Nähe der Tatorte herumfuhr. Ebenso ist es möglich, mittels Mobilfunkdaten zu erkennen, dass ein spezifisches Smartphone sich oft in der Nähe der Tatorts bewegt hat. Sogar Terroranschläge könnten durch die Identifikation auffälliger Verhaltensmuster bereits im Vorfeld verhindert werden, wodurch Sicherheitsbehörden rechtzeitig gewarnt werden.
Ein solches Szenario ist längst keine Zukunftsvision mehr. In mehreren deutschen Polizeibehörden wird Analysesoftware bereits eingesetzt und es besteht die Möglichkeit, dass dies bald bundesweit geschieht. Dies führt jedoch bei Experten für Internet und Datenschutz zu ernsten Bedenken.
Ein Hintergrundbericht beschreibt, dass der Bundesrat, wie vom Portal „Heise“ berichtet, einen Antrag der Bundesländer Sachsen-Anhalt, Berlin, Hessen und Bayern genehmigt hat. In dem Antrag steht, dass aufgrund der „hohen Gefährdung“ der Sicherheitslage in Deutschland eine bessere Zusammenführung von Informationen über potenzielle Straftäter notwendig ist.
US Software von Palantir auch in Deutschland im Einsatz…
Laut dem Antrag sollte eine bundesweite Datenanalyseplattform eingerichtet werden, um Informationen aus verschiedenen Quellen zu integrieren und weiterzuverarbeiten. Der Bund sollte „den zentralen Betrieb einer solchen Interimslösung ermöglichen, wie sie in einigen Bundesländern teilweise bereits verwendet wird.“
Obwohl der Antrag keine naheliegende Lösung benennt, deutet vieles darauf hin, dass das amerikanische Softwareunternehmen Palantir gemeint ist, das gegenwärtig in drei Bundesländern für Sicherheitszwecke eingesetzt wird. Die damit verbundenen Datenschutzfragen sind jedoch problematisch: Das Unternehmen hat seinen Sitz in den USA und Thiel, der enge Verbindungen zu Trump pflegt, ist Mitgründer und Großaktionär.
Was entwickelt Palantir?
Palantir hat seit 2003 Produkte für Behörden entwickelt, die in der Lage sind, Daten aus unterschiedlichen Quellen zu sammeln und zu analysieren. In Hessen wird seit 2018 die Software Gotham zur Bekämpfung von islamistischem Terror und schwerer Kriminalität unter dem Namen „Hessen Data“ genutzt. Nordrhein-Westfalen verwendet dasselbe System seit 2022 unter dem Titel „DAR“ (Datenbankübergreifende Analyse und Recherche). Auch in Bayern wird die Software seit September unter dem Namen VeRA (Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse) genutzt.
KI Software von Palantir datenschutzrechtlich mehr als bedenklich
Kritik an diesen Einsätzen gibt es bereits seit längerem. Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri äußerte Bedenken, dass durch den Einsatz der US-Software routinemäßig täglich Millionen Menschen auf mögliche kriminelle Vergehen überprüft werden könnten – unabhängig davon, ob sie etwas Unrechtes getan haben oder nicht. Horst Arnold, SPD-Rechtsexperte und ehemaliger Staatsanwalt, teilte diese Bedenken und wies darauf hin, dass viele Unbeteiligte von den Datenabfragen betroffen sein könnten.
In Polizeidatenbanken sind zahlreiche Personen erfasst, die nichts Falsches getan haben, etwa weil sie Zeugen eines Vorfalls waren oder bei Kontrollen zufällig ausgewählt wurden. „Wenn Sie nur ein paar Mal am falschen Ort sind, kann es leicht passieren, dass Sie als auffällige Person eingestuft werden“, warnte Arnold.
Aktuelle Zahlen aus Hessen zeigen, dass Palantir mehr als 2.000 Mal in einem Jahr genutzt wurde. Demnach wurden alle Personen, die in polizeilichen Datenbanken verzeichnet sind, täglich fünf- bis sechs Mal von der Software analysiert.
Wer ist Palantir-Gründer Peter Thiel?
Zu den Datenschutzbedenken kommen Fragen zu Peter Thiel, dem Gründer von Palantir. Thiel wurde 1967 in Deutschland geboren, seine Familie wanderte jedoch in die USA aus, als er ein Jahr alt war. Er gilt als eine der bekanntesten, aber auch umstrittensten Figuren der Tech-Industrie. Thiel war bereits 2000 an der Gründung von Paypal beteiligt, das zu einem wichtigen Zahlungsdienstleister wurde. 2003 gründete er Palantir, das von Anfang an US-Behörden bei Geheimdienstoperationen unterstützen sollte.
Trotz der Bedenken um Datenschutz und Transparenz bekräftigt Palantir, dass das Unternehmen keinen Zugang zu den Daten seiner Kunden hat – eine Aussage, die auf Vertrauen beruht und schwer überprüfbar ist. Das zugrunde liegende Algorithmus-Design bleibt intransparent, und im Falle eines politischen Konflikts könnte der Zugang zur Software plötzlich verweigert werden.
Deutsche Behörden machen sich von US Konzern abhängig
Markus Reuter von „Netzpolitik.org“ kommentiert die Situation treffend: „Während man in Sonntagsreden von ‚digitaler Souveränität‘ spricht, plant man unter der Woche, sich bei Fragen der nationalen Sicherheit auf einen US-Konzern zu verlassen. Das zeigt deutlich, dass Deutschland in Bezug auf Digitalisierung und Autonomie noch hinterherhinkt.“
Deutsche Entwicklung – mal wieder – zu langsam
Der Grund dafür, dass die deutsche Polizei auf US-Technologien zurückgreifen muss, liegt in der schleppenden digitalen Entwicklung im eigenen Land. Das IT-Projekt Polizei 20, das eigene Softwarelösungen für Ermittlungsbehörden entwickeln sollte, kommt nur langsam voran. Verlässliche und datenschutzkonforme Lösungen werden frühestens für das Jahr 2030 erwartet.
Nachdem der Bundesrat seine Zustimmung gegeben hat, könnte Palantir bundesweit als Übergangslösung eingesetzt werden – ein Umstand, der die Sorge aufwirft, dass man sich von dieser interimistischen Lösung abhängig macht. Die Entwicklung eigener Softwarelösungen könnte dadurch ins Hintertreffen geraten, und diese vorübergehende Lösung könnte zu einer dauerhaften Abhängigkeit führen. Millionen Bürgerinnen und Bürger könnten von ihren Daten betroffen sein, nur weil sie im Vertrauen auf die Unterstützung der Polizei zu ihnen gekommen sind.
(Bildnachweis: Von Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0)
Über den Autor: Marcus R. Lentz
Marcus R. Lentz, Jahrgang 1968, ist ZAD geprüfter Privatermittler (IHK), Mediator (Univ.) und sachverständiger Fachgutachter für das Detektei- und Bewachungsgewerbe und in dieser Funktion für zahlreiche Gerichte und Anwaltschaften als Fachgutachter tätig, seit 1987 als Privatdetektiv tätig; seit 1995 als selbständiger Detektiv und geschäftsführender Gesellschafter tätig und spezialisiert auf Ermittlungen und Internetrecherchen.
In seiner Freizeit ist der zweifache Vater viel und gern mit dem Motorrad unterwegs und Inhaber einer PPL(A)-Privatpilotenlizenz.
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