Scheidungsraten im Anstieg: Schuld sind auch neue Gründe
Nach langen Jahren des Sinkflugs steigen die Scheidungsraten wieder. Ein Teil der dahinterstehenden Gründe ist klassisch, jedoch gibt es auch neuartige, die nicht zuletzt mit der Digitalisierung zusammenhängen.
Seit der Wende steigen die Zahlen von Singlehaushalten kontinuierlich. Allerdings gab es in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten auch vonseiten verpartnerter Lebensentwürfe nur Gutes zu berichten: Nach einer Hochphase 2005, als ganze 51,9 Prozent aller Ehen geschieden wurden, ging es kontinuierlich bergab – bis 2018, als es nur noch 32,9 Prozent waren und damit Werte, die knapp über denen der 1980er und der frühen Nachwendejahre lagen.
Im Juli 2020 veröffentlichte das statistische Bundesamt jedoch die Zahlen für 2019: Ein Anstieg auf gleich 35,7 Prozent und somit rund 1000 Scheidungen mehr als noch im Vorjahr. Für dieses Jahr vermuten Experten sogar noch höhere Zahlen – und die multiplen Gründe dafür sind längst bekannt. Dabei sind es nicht nur klassische Trennungsauslöser, sondern auch vergleichsweise neue sowie solche, welche die alten Gründe verschärfen.
1. Grund: Die aktuelle Lage
Dieser Punkt muss als erster genannt werden, weil er eine Ausnahme darstellt und deshalb für 2020 wohl einen überproportionalen statistischen Ausreißer erzeugen wird: COVID-19.
Zwar vermuten einige, dass Corona in Sachen Beziehung auch Vorteile hat. Erwiesen ist jedoch schon jetzt, dass das Virus die Hochzeitszahlen stark sinken ließ. Ebenfalls vermutet wird, dass es auch die Scheidungsraten von Ehen sowie Trennungen unverheirateter Beziehungen steigern wird.
Über die Gründe dafür sind sich die meisten Experten einig. Eine Mischung aus:
- dem Stress der ungewohnten Situation,
- durch die Ausgangsbeschränkungen erzwungene räumliche Nähe – oder Trennung,
- wirtschaftlich prekäre Situationen, die etwa durch Unternehmensschließungen hervorgerufen werden.
Allerdings sei unterstrichen, dass Corona wohl nur zusätzliche Zahlen hervorrufen wird. Auch ohne das Virus dürften die Raten 2020 weiter steigen. Dafür wiederum gibt es andere Gründe.
2. Digitalbasiertes Auseinanderleben
Wir leben in einer Zeit, in der es unglaublich viele Möglichkeiten gibt, nach seiner Fasson glücklich zu werden. Zigtausende Hobbys, Steckenpferde und alle möglichen Arten der Zerstreuung locken. Doch gerade im digitalen Bereich sind diese auch konsequent dahingehend ausgelegt, für ein möglichst langes Verweilen zu sorgen.
Soziale Medien beispielsweise sind so konzipiert, dass ein nie endendes Herunterscrollen möglich ist. Andere Seiten setzen darauf, nach dem Konsum eines Angebots immer neue Angebote zu offerieren – nicht nur, aber auch viele Streaming-Dienstleister arbeiten nach diesem Schema.
Für die persönliche Unterhaltung mag das nur Vorteile haben. Doch schon vor einigen Jahren wurde vermutet, dass es auch Auswirkungen auf das Beziehungsleben hat: Paare widmen sich weniger der Zweisamkeit, sondern schauen Serien. Dabei ist es egal, ob dies gemeinsam geschieht, in psychischer Hinsicht fühlt es sich nicht nach einer Paaraktivität an.
Auf diese Weise schwindet trotz räumlicher Nähe immer mehr die Gemeinsamkeit. Am Ende steht dann häufig ein ganz typisches Auseinanderleben – die Interessen, die Neigungen, der Charakter haben sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, das Gemeinsame schwand und darüber auch die Liebe.
3. Stark erleichterte Seitensprünge
Seitensprünge gibt es seit Anbeginn der Menschheit. Jedoch war es niemals so einfach, auf schnelle und unkomplizierte Weise ein Gegenstück für den Betrug am Partner zu finden. Auch dafür sorgen nicht zuletzt die Möglichkeiten des Digitalen, wo zahllose Portale und Apps ganz offensiv damit werben, Seitensprünge anbahnen zu wollen.
Verstärkt wird dies durch zahllose Ratgeber, die minutiös erklären, wie ein solches Tun gegenüber dem Partner verschleiert werden kann. Die Folge: Die Hemmschwelle ist gesunken, die Zahlen an Seitensprüngen steigen – und trotz Verschleierungstaktiken werden sie immer wieder aufgedeckt. Zwar beenden längst nicht alle Seitensprünge automatisch eine Paarbeziehung. Sie erzeugen jedoch immer einen gravierenden Vertrauensbruch. Wird dieser künftig nicht sorgsam repariert, etwa, weil noch weitere Nachlässigkeiten hinzukommen, steht am Ende ebenfalls meistens der Bruch.
4. Die digitalsexuelle Revolution
Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren recht bedenkliche Zahlen veröffentlicht: Auch in Deutschland sowie sehr vielen anderen Ländern haben vor allem junge Menschen immer weniger Sex. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass nicht nur das Arbeitsleben stressiger wird, sondern viele sich auch in der Freizeit zusätzlichen Stress aufladen; der Fachmann spricht von Freizeitstress.
Die Herleitung ist simpel: Wo in der Freizeit gänzlich andere Aktivitäten fast schon zur Pflicht werden, bleibt weniger Raum für körperliche Zweisamkeit. Allerdings sehen einige Experten auch einen wichtigen zweiten Grund, die digitalsexuelle Revolution. Ein zweigeteiltes Phänomen:
- Die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von medialen sexuellen Inhalten sind so gigantisch wie nie. Das betrifft längst nicht mehr nur klassische Pornos, sondern erstreckt sich auf Cam-Portale, interaktive Angebote und vieles mehr.
- Die Sexspielzeugindustrie liefert heute Produkte, die in ihrer Fähigkeit zur Befriedigung nicht nur breiter aufgestellt sind, sondern auch extrem leistungsfähig. Anders ausgedrückt: Dadurch können nicht nur viel mehr Menschen Befriedigung erfahren, die ihnen ein Mensch bislang nie geben konnte. Die Spielzeuge ermöglichen auch eine in Qualität und Quantität dem Menschen oft weit überlegene Befriedigung.
Dabei sei festgestellt, dass es sich um ein geschlechtsübergreifendes Phänomen handelt – in beiden Punkten wenden sich die Anbieter an beide Geschlechter.
Auch hier ist die Folge für Beziehungen simpel: Einer oder beide Partner bekommen durch die neuen Methoden das, was sie brauchen, sooft und häufig, wie sie es wünschen. Dann fehlt nur noch die Unfähigkeit beider Partner, Medien und Spielzeuge in ihr normales Sexleben einzubauen und abermals bekommt die Beziehung ein Problem.
5. Gesunkene Geduld und Problemlösungswillen
Die wenigsten Trennungen entstehen aus heiterem Himmel. Praktisch immer gehen eine ganze Reihe von Anzeichen voraus, die nur ignoriert, übersehen oder fehlinterpretiert werden.
Dabei wirkt sich verstärkend aus, dass es schon seit einigen Jahren eine breitgesellschaftliche Tendenz gibt:
- Wir sind es immer mehr gewohnt, Dinge sofort zu verlangen und sie auch ebenso rasch zu bekommen. Egal wie ausgefallen diese Wünsche auch sind.
- Gleichsam wünschen wir in einer immer schnelleren Abfolge Neues.
Diese Denkmuster ziehen sich nach Ansicht vieler Experten auch ins Beziehungsleben hinein: Paare verlernen dadurch immer mehr, Zeit und Aufwand in die Pflege einer Beziehung zu investieren. Wenn es Probleme gibt, erwarten sie rasche und durchschlagende Ergebnisse. Gleichsam schwindet dadurch immer häufiger der Willen und auch die Fähigkeit, die entstandenen Kritikpunkte gemeinsam zu beseitigen.
Ein großes Problem. Denn evolutionär ist das gesamte menschliche Beziehungsgeflecht auf Langsamkeit, dafür Langlebigkeit ausgerichtet. Wir können uns nicht von heute auf morgen ändern – erwarten aber genau das. Geschieht es nicht, wird rasch die Entscheidung gefällt, dass die Beziehung gescheitert sei.
Verstärkend wirkt sich hier aus, dass durch verschiedenste Prozesse das Eingehen von Beziehungen schneller und serieller geschieht. Dadurch entstehen Paare, die sich von Anfang an nur auf wenige Gemeinsamkeiten stützen – das wiederum war schon immer ein bedeutsamer Grund für labile Beziehungen und Trennungen, wodurch sich der Kreis der neueren Gründe zu den althergebrachten schließt.
6. Untreue kann Unterhalt kosten
Gemäß §1361 i.V.m. §1579 BGB kann auch der Anspruch auf Unterhalt verwirkt werden, wenn eine fortgesetzte, eheliche Untreue vorliegt, oder der anspruchsberechtigte Partner sich aus einer intakten Ehe heraus einem neuen Partner zuwendet. Eheliche Untreue kann unter bestimmten Umständen ein solcher Verwirkungstatbestand sein.
Über den Autor: Robin Schellberg
Robin Schellberg ist seit vier Jahren, nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung als Fachinformatiker als Detektiv-Sachbearbeiter tätig, verfügt über mehrjährige praktische Observations- und Ermittlungserfahrung in ganz Deutschland und Europa
Herr Schellberg spricht neben deutsch auch englisch fließend und ist in ihrer Freizeit begeisterter Motorradfahrer.
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